Die selbstorientiert-impulsive Haltung

Der Chef bestimmt alles. Die Konkurrenz muss geschlagen werden.

Auf der Suche nach Sicherheit werden Kollegen zu Feinden

Sie kennen bestimmt das Konkurrenzverhalten, andere im Job ausstechen zu wollen. Wenn Menschen aus der selbstorientiert-impulsiven Haltung handeln, gilt das Recht des Stärkeren.

Job bedeutet für Mitarbeiter in dieser Haltung vor allem finanzielle Absicherung. Teamgeist und Fairness werden erwartet, doch selbst nicht gelebt. Gerne werden Nischen und Schlupflöcher gefunden, um selbst möglichst wenig zu tun und andere für sich arbeiten zu lassen. Erledigt wird, was Vorgesetzte gesagt haben, mehr nicht. Die Arbeit wird als notwendiges Übel angesehen. 

null

Typische Aussagen, die aus dieser selbstorientiert-impulsiven Haltung kommen

"Was mich in Schwierigkeiten bringt sind nervige Kollegen."

"Mein Hauptproblem als Mitarbeiter sind blöde Vorschriften."

"Wenn ich kritisiert werde, dann wehre ich mich."

"Ich bin umgeben von Idioten."

Menschen in der selbstorientiert-impulsiven Haltung sind auf sich selbst fokussiert und geben den anderen die Schuld. Wir sprechen hier von der sogenannten Opferhaltung. Dahinter steht ein großes Bedürfnis nach Sicherheit. Wenn man die Welt aus der selbstorientiert-impulsiven Haltung betrachtet, ist das Leben ein Kampf und es geht ums Überleben. Die Angst vor Verlust und Schwäche prägen Aktionen und Wortwahl des Einzelnen. Getrieben von äußeren Einflüssen und inneren Impulsen wird impulsiv gehandelt. Auf den Reiz folgt die Reaktion. Wer nicht hören will muss fühlen - Wir alle kennen es. 

Typische Glaubenssätze der selbstorientiert-impulsiven Haltung:

"Wer nicht hören will muss fühlen."

"Allein gegen den Rest der Welt."

"Auge um Auge, Zahn um Zahn."

"The winner takes is all."

"Ich bezahle für zwei Hände, nicht fürs Reden."

Die selbstorientiert-impulsive Haltung ist ein Leben lang verfügbar

Wir alle durchlaufen diese Phase der Entwicklung in unserer Kindheit.

Die eigene Identität ist noch schwach. Macht und Ohnmacht wechseln sich ab. Mal sind es die Eltern, die wir dominieren. Mal ist es der Spielpartner im Sandkasten, den wir dominieren, indem wir ihm ein Ultimatum stellen: "Wenn du mir das nicht gibst, dann hau ich dich." Diese Entwicklungsphase ist deutlich im Alter von 2 bis 5 zu erkennen. Wir sagen "Ich" und sind in unseren Impulsen gefangen. 

Auch im erwachsenen Alter kann man aus der selbstorientiert-impulsiven Haltung handeln.

Wir erkennen das an zwanghaftem Verhalten und starken Hierarchieordnungen. Es fällt dann schwer, in längeren Zeiträumen zu denken und zu abstrahieren. Auf der Suche nach mehr Sicherheit arbeiten und kommunizieren wir mit Drohungen und Zwang. 

Im echten Leben wechseln wir oft unsere Haltung.

Wir handeln in verschiedenen Lebenssituationen aus unterschiedlichen Haltungen heraus. Jemand, der beispielsweise im Job in der rationalistisch-funktionalen Haltung effizient und rational agiert, kann sich trotzdem in einer Situation wiederfinden, in der er aus der selbstorientiert-impulsiven Haltung handelt. Ein Beispiel dafür wäre, dass er auf dem Weg zur Arbeit einen Fahrradfahrer anschimpft, der ihm vor die Füße gefahren ist. Wir sprechen dabei von temporärer Regression.

null

Streitsituationen im Alltag mit der Familie, Kindern und Partnern führen häufig zu dieser temporären Regression. Wir alle kennen Situationen, wenn die Gefühle übernehmen und den Verstand bei Seite schieben. Wir sagen Dinge, die wir nicht meinen und können über die eigene Willkür und Lügen erschrecken.

Hinter temporärer Regression steckt Unsicherheit.

Schlagartig können wir von der systemisch-autonomen Haltung in die selbstorientiert-impulsive Haltung fallen. Wir verlieren zuerst das Gesamtbild aus den Augen und danach auch unser Mitgefühl. Eigenständiges Denken wird eingestellt, bis schließlich der Verstand verschwindet und wir sogar anstandsloses Handeln bei uns erkennen können. 

Dazu ein Beispiel: Neulich saß ich mit einer Freundin im Auto. Wir sprachen über politische Geschehnisse und sie analysierte sehr reflektiert die Komplexität der Klimakrise und inwiefern die Vereinten Nationen dieses Problem gemeinsam angehen könnten. Sie erkannte die Vielheit der Probleme, die darin verwoben sind. Sie sah sich als Teil der Weltbevölkerung an und erkannte die Gesamtheit und Verbindung aller Länder der Welt. 

Im nächsten Moment kam ein Auto auf unsere Spur, ohne zu blinken. "Wie kann dieser Typ mir einfach in meine Spur fahren. Der soll sich mal an die Verkehrsregeln halten. Ich zeig dem gleich, wie unangenehm das ist und fahr dem auch so knapp vor sein Auto." 

Auf einmal sah sie sich selbst als Mittelpunkt des Geschehens. Getrieben von äußeren Einflüssen reagierte sie impulsiv und unreflektiert. Ihr Bedürfnis nach Sicherheit war nicht mehr erfüllt. Die Unsicherheit führte bei ihr zu tempörärer Regression. 

In diesem konkreten Fall hilft es, Regeln und Ordnung zu haben, an die sich Menschen halten. Je mehr sie der Straßenverkehrsordnung vertrauen kann, desto sicherer fühlt sie sich. Der nächste Schritt ist, ihren kritischen Verstand wieder zu nutzen. In unserem Fall ist es nicht die beste Idee gewesen, dem anderen Autofahrer auch vors Auto zu fahren, um ihn auf sein Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Auch das wurde meiner Freundin sehr schnell klar. 

Indem wir Mitgefühl zeigen und unserem Gegenüber helfen, sich selbst wieder zu reflektieren, kann der Verstand schnell wieder zum Zug kommen. Wir können Menschen aus der Opferrolle hinaushelfen, indem wie sie daran erinnern, dass wir unser Leben selbst gestallten können. Aus dem bösen Autofahrer kann dann schnell wieder jemand werden, der vielleicht sehr gestresst auf dem Weg zu einem sehr stressigen Job mit einer 80-Stunden-Woche war und daher leider den Blinker nicht richtig betätigte. Wir können Mitgefühl für ihn empfinden und uns von der Situation nicht aus der Ruhe bringen lassen. 

Nach den Wutanfällen kommt die Logik 

Wir können uns und unseren Mitmenschen helfen, in eine reifere Haltung zu gelangen, indem wir das Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität stillen. Im besten Fall finden wir dann blitzschnell durch die aufeinanderfolgenden Haltungen wieder in die reifeste Haltung, die wir bereits geübt haben. Zumindest aber erschließt sich die Haltung, die unmittelbar auf die selbstorientiert-impulsive Haltung folgt. Dies ist die gemeinschaftsbestimmt-konformistische Haltung. Sie beschreibe ich im nächsten Artikel, der in der nächsten Woche erscheint. In ihr können wir Regeln und Normen akzeptieren. Wir werden logischer durch unsere Selbstwahrnehmung und beginnen unseren Verstand kritischer zu nutzen. Statt impulsiven Wutausbrüchen und Ungerechtigkeiten beginnen wir die Welt in schwarz-weiß und richtig oder falsch einzuteilen. Wir wollen nicht mehr gegen Alle arbeiten, sondern dazu gehören und passen uns an Regeln an.

Haltung entscheidet über Zukunft 

Unser Modell der 6 Haltungen stellen wir ausführlich in unserem neuen Buch HALTUNG ENTSCHEIDEdar. Es bietet anschauliche Einblicke in die Entwicklung von Führung, Team und Organisation. Alle Beispiele stammen aus der Praxis und machen es leicht, das neue Wissen für sich zu integrieren.

"HALTUNG ENTSCHEIDET“ jetzt bestellen beim VAHLEN Verlag oder bei Amazon. 
Wir wünschen eine inspirierende Lektüre und freuen uns über Ihr Feedback! 

Fortbildungen zum Modell der sechs Haltungen >>