Von Querdenkern und Führungsstilen

Auf dem Camp Q der Bertelsmann Stiftung dem Führungsstil auf der Spur, der die Vorteile des Querdenkens nutzt

Dem Führungsstil der Zukunft auf der Spur

Was macht die Integrität einer Führungskraft aus? Diese Frage stand ganz am Anfang des Camp Q, der Leadership Konferenz für Querdenker. Über 200 Führungskräfte waren der Einladung der Bertelsmann Stiftung gefolgt und trafen sich am 10. April 2019 in Berlin zum intensiven Austausch über die Zukunft der Führung und die Führung der Zukunft. Einigkeit bestand darüber, dass Haltung und Mut für die Integrität einer Führungskraft entscheidend  sind und ihren Führungsstil prägen. Es ist also wichtig, sich als Vorgesetzte wie als Mitarbeiter darüber im Klaren zu sein, was nicht verhandelbar ist. 

1. Wie Mitarbeiter und Führung die Zukunft erfolgreich gestalten

Wo alle gleich denken, denkt keiner recht viel.

Davon ist Anja Förster überzeugt, die in ihrer Keynote die Bedeutung der Querdenker in einem Unternehmen hervorhob. Mitarbeiter und Führungskräfte, die querdenken, decken blinde Flecken auf und erweitern den Horizont. Damit tragen sie entscheidend dazu bei, bessere Entscheidungen im Unternehmen zu treffen. Der traditionelle Hang zur Konformität und Gleichförmigkeit und der damit verbundene Führungsstil ist für die Bestsellerautorin ein Relikt aus der industriellen Ära, in der vor allem gefragt war,  die Arbeit sorgfältig, fleissig und im Takt zu erledigen. All das können Roboter und Künstliche Intelligenz aber (demnächst) auch. Wenn wir als Person nur auf diese Eigenschaften zurückgreifen können, werden wir also zwangsläufig als Mitarbeiter oder Dienstleister austauschbar. Für uns Menschen kommt es in dieser Situation darauf an, zusätzlich drei wichtige Kompetenzen zu pflegen:

Initiative, Kreativität und Leidenschaft. 

Unternehmen, die nach dem traditionellen System funktionieren, sind zwar effizient, aber nur begrenzt innovationsfähig und hinzu kommt: Echte Talente wollen so nicht mehr arbeiten und sich führen lassen. Um aber das volle Potenzial nutzen zu können, empfiehlt Anja Förster der Führung, bis auf den Grund zu bohren. Also nicht nur Verhalten und Prozesse in den Blick zu nehmen, sondern auch Haltung und Kultur. Führungsstile spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Beim Führungsstil kommt es auf das ICH (Mindset) und das WIR (Kultur) an. Hier unsere Darstellung des Vier-Quadrantenmodells von Ken Wilber. Je mehr sich die Haltung erweitert, umso größer werden die Gestaltungsspielräume. 

2. Entscheidungen, Schwarmdummheit und die Pflicht zum Widerspruch

Früher war Mitmachen eine absolut richtige Strategie, heute können daraus dumme Entscheidungen entstehen. Die Tendenz, das zu tun, was die Mehrheit tut oder ein autoritärer Führungsstil bestimmt, hat heute entscheidende Nachteile und kann sogar fatale Folgen haben. Führungsstil und Verhalten von Mitarbeitern, das früher klare Vorteile hatte, wird umso gefährlicher, je disruptiver die Welt wird. Heute müssen die einzelnen Mitarbeiter mehr Verantwortung übernehmen. Mutige Vorgesetzte und mutige Mitarbeiter, die die Pflicht zum Widerspruch erfüllen können, sind deshalb eine wichtige Voraussetzung für gute Entscheidungen.

Den eigenen Gestaltungsspielraum zu erkennen, zu nutzen und zu erweitern (auch mit subversiven Mitteln) ist daher für Mitarbeiter und Management wesentlich.

3. Führung verändern - auch große Tanker ändern den Kurs

Nach der Keynote von Anja Förster stand Bodo Uebber, im Moment noch Finanzvorstand der Daimler AG, Rede und Antwort. Er konnte im Lichte des Dieselskandals nicht allzu überzeugend wirken, zumal er selbst in vier Wochen aus dem Unternehmen ausscheidet. Interessant war aber seine Darstellung, wie sich Daimler mit Leadership 2020 auf den Weg machte, die Führungskultur im Unternehmen neu zu erfinden und die Motivation zu steigern.
12 x 12 Mitarbeiter aus unterschiedlichen Sparten des Konzerns, wiederum mit 2000 Mitarbeitern eng vernetzt, erarbeiteten als Abbild des Unternehmens im Team die neuen Führungsprinzipien. Für Uebber ist dabei klar:

Führungskräfte müssen sich und ihren Führungsstil anpassen und verändern können 

Auch bei Daimler, wo im Moment 5 -10% der Mitarbeiter in Schwärmen arbeiten - Tendenz steigend, denn Motivation, Effizienz und Erleichterung durch das selbstorganisiertere Arbeiten seien spürbar.

Nach diesen zwei Beiträgen im Plenum mit Bankettbestuhlung ging es in den Mut-Parcours. Aus sechs Stationen konnten die Teilnehmenden 3 Stationen auswählen und nacheinander besuchen. In EinE Ladung Mut ging es darum, den persönlichen Mut besser kennenzulernen und zu entdecken, was unterstützt oder hindert, Mut zu finden. Die Quintessenz:

Es ist die Verantwortung der Vorgesetzten, mit ihrem Führungsstil eine Mutkultur zu schaffen.

Für die Mitarbeiter selbst gab es folgende Tipps, um den eigenen Mut - auch gegenüber Vorgesetzten - zu stärken:

  1. Sei freundlich zu Dir selbst
  2. Lern Dich selbst und das System, das Dir Angst macht, besser kennen
  3. Folge nicht dem 1. Impuls
  4. Beschäftige Dich weniger mit denen, die sagen "das geht nicht"
  5. Sei Dir klar darüber, dass Mut Teamsport ist.


4. Faktoren, die den Mut von Mitarbeitern fördern

Im MutSalon standen persönliche MutGeschichten im Mittelpunkt, aus denen eine lange Liste von Faktoren, die die Entwicklung von Mut fördern, abgeleitet wurde, wie zum Beispiel: 

  1. Werte
  2. Neugier
  3. Leidensdruck
  4. Selbstwert
  5. Zeit
  6. Kompetenz
  7. Unterstützung
  8. Konsequenz
  9. Kritikfähigkeit
  10. Menschenbild
  11. Judo-Effekt
  12. Psychohygiene
  13. Loyalität
  14. Skrupellosigkeit
  15. Ehrgeiz
  16. Verantwortungsgefühl
  17. Rückhalt


5. Impulse für Führung und Führungsstil

In der Fragestunde mit Anja Förster, die angereichert wurde vom wertvollen Input der Macherinnen unter den Teilnehmenden, waren folgende Tipps für alle, die führen, besonders interessant. 

  1. Nicht für alles läßt sich kurzfristig eine gute Lösung finden. Eine Führungskraft sollte mit ihrem Führungsstil deshalb Mitarbeiter auch ermutigen, ein Problem zu benennen, ohne im gleichen Zug bereits einen Ansatz zur Lösung präsentieren zu müssen.
  2. Im eigenen Team und in einzelnen Zellen mit der Veränderung von Führung und Führungsstil starten, statt zu warten, bis alle bereit sind.
  3. Die Augenhöhe-Filme eignen sich gut zur Initation einer Entwicklung des Führungsstils und sorgen auch dafür, dass Begriffe in ihrer Bedeutung klar werden und damit erfolgreiche Kommunikation möglich wird.
  4. Sich darüber im Klaren sein, dass die Veränderung des Führungsstils zunächst einen Rückfall in frühere Haltungen, z.B. in den Egoismus mit sich bringt und diese Phase durchstehen. Ein Effekt, der sich mit unserem Modell der sechs Haltungen gut veranschaulichen lässt: Denn in einer neuen Situation (ob Änderung der Teamstruktur, neue Aufgabe oder Beförderung) durchlaufen Mitarbeiter wieder die Haltungen - es ist nur die Frage, in welchem Tempo sie wieder eine "erwachsene" und selbstverantwortliche Haltung erreichen. Die Bandbreite kann dabei von Sekunden bis Jahren reichen - je nach Situation und Person.
  5. Es geht darum, eine gemeinsame Sprache zu finden und sich auf eine neue Definition zu verständigen, was wertschöpfende Arbeit ist.
  6. Für das Management ist es wesentlich, als Modell in seinem Führungsstil das erwünschte Verhalten zu leben. Das beinhaltet auch, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter, die mit ihrem Arbeits- oder Führungsstil toxisch für die Zukunft des Unternehmens sind, sich entweder weiterentwickeln oder ausscheiden.
  7. Gezielt die Entwicklungsfähigkeit von Menschen ansprechen, ist der Schlüssel zum Erfolg.


6. Führungsstil ist eine Frage der Haltung

Mein persönliches Resumée: Eine interessante Veranstaltung in kooperativer Stimmung, die unser Credo bestätigt:

Führungsstil verändern heißt, die eigene Haltung entwickeln. 

Denn darum geht es im Grunde bei der Veränderung des Führungsstils: Die eigene Haltung und damit die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Damit die Kraft der Querdenker für eine Organisation auch nutzbar wird. In diesem Sinne hat uns das Camp Q in unserem Kurs bestärkt und neu inspiriert.
Herzlichen Dank dafür an das Team von Creating Corporate Culture

Für alle, die zukunftsfähig führen wollen, bleiben wir weiter praxiserfahrene Partner: Mit Tipps zur Entwicklung des eigenen Führungsstils in diesem BlogWorkshops in Unternehmen zur Werteentwicklung und Coaching auf Augenhöhe für Führungskräfte, die ihren Führungsstil entwickeln wollen.

 

Haltung entscheidet

Im Sommer 2019 erschien im Vahlen Verlag unser neues Buch "HALTUNG ENTSCHEIDET - Führung und Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten". 

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