Homeoffice: Eine Frage der Haltung

Sage mir, wie Du es mit dem Homeoffice hältst und ich sage Dir, wie es um Deine Unternehmenskultur steht. 

Warum Homeoffice das Plus für Arbeitgeberattraktivität ist und wie es funktioniert.

Homeoffice: Es kommt drauf an, was man draus macht! 

Das Thema Homeoffice wird nicht zuletzt durch die Initiative der SPD für ein Recht auf Homeoffice heiß diskutiert. Und das ist gut so. Nach einer aktuellen Umfrage wünschen sich zwei Drittel der Deutschen die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten. Wie auch anderswo, so gilt auch beim Homeoffice: Es kommt drauf an, was man draus macht. 
Homeoffice ist eine Frage der Haltung - und dabei denke ich nicht an Menschen, die im Schlafanzug und mit Notebook auf/in ihrem Bett liegen. 

Warum Homeoffice? 

Allen Schlafanzugs-Fotos zum Trotz (die irritierenderweise auch die SPD selbst verwendet): Menschen im Homeoffice sind produktiver, das bestätigt z.B. auch eine Studie der Elite-Uni Stanford. Wer die Option Homeoffice regelmäßig nutzen kann, muss nicht so nahe am Unternehmenssitz wohnen. Es ist einfacher, mehrere Pausen am Tag einzulegen. Die Zeitspanne, die ich für die Arbeit nutzen kann, wird größer, weil die Pendelzeiten wegfallen. Dass Eltern ein Teil der gewonnenen Zeit für die Betreuung ihrer Kinder nutzen, ist logisch. Vom Homeoffice profitieren alle Menschen in Lebenssituationen, in denen es gut ist,  für eine gewisse Zeit zu Hause präsenter zu sein - natürlich ohne permanent gestört zu werden. Sie können so Job und Familie besser gerecht werden und sparen sich viel schlechtes Gewissen und Stress. Auch Menschen mit körperlichem Handicap, ob zeitweilig oder langfristig, tut es gut, wenn die dann oft besonders anstrengende Fahrerei an bestimmten Tagen weg fällt. 
Stichwort Pendeln: Immer mehr gerät die Wirkung von Homeoffice auf Verkehr und Umwelt in den Blick: Weniger Pendler auf Straße und Schienen, reduzierter CO2-Ausstoß. 
Und wie steht es um die Produktivität? Hier punktet das Homeoffice mit der Möglichkeit, für konzentrierte Arbeit Mail, Slack und Konsorten für einen gewissen Zeitraum zu schließen – also asynchron zu kommunizieren. Häusliche Ungestörtheit und eine grundsätzlich funktionierende Kommunikation natürlich vorausgesetzt. Mehr dazu in diesem LinkedIn-Artikel.

Für Arbeitgeber besonders interessant: Die Option Homeoffice erweitert den Kreis der Bewerber: Unternehmen, die Homeoffice anbieten, wirken attraktiver und sie können Bewerber aus einem größeren Raum ansprechen. Und mit Blick auf die Vorteile für die Arbeitnehmer ist auch klar, dass die Möglichkeit, einen Teil der Arbeit im Homeoffice zu erledigen, die Mitarbeiterbindung stärkt. Die Autorin Patricia Cammarata bringt das so auf den Punkt:

"HO ermöglicht Vereinbarkeit. HO ist kein Lifestyle Latte Macchiato Quatsch."

Wann macht Homeoffice Sinn?

  • Für Arbeitnehmer, die weiter weg von ihrem Arbeitsplatz wohnen und über eine gute Selbstorganisation verfügen. 
  • Für Arbeitgeber, die ihren Sinn (neudeutsch: purpose) gefunden haben und mit ihren Arbeitnehmern teilen. 
  • Für Arbeitnehmer, die merken, dass sie sich im Büro auf gewisse Arbeiten nur schwer konzentrieren können, weil es zu laut und/oder trubelig ist.
  • Für Arbeitgeber, die ihre Möglichkeiten, gute Mitarbeiter zu finden, vergrößern möchten und bereits in der Lage sind, Vertrauen zu schenken und ihr Kontrollbedürfnis beschränken können. 
  • Für Arbeitgeber, denen Ergebnisse wichtiger sind als Arbeitnehmer zu sehen, die im Büro sichtbar an ihren Schreibtischen präsent und mutmaßlich eifrig bei der Arbeit sind. 
  • Für Arbeitnehmer, die einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, wissen, wie wichtig ihr Beitrag für das große Ganze ist und sich mit Elan an die Arbeit machen, ganz egal wo der Schreibtisch steht. 

Wie oft macht Homeoffice Sinn? 

Das kommt auf den Aufgabenbereich an und den Grad der Selbstorganisation an. Ich persönlich habe immer eigenverantwortlich gearbeitet, nie an meinem Wohnort und oft mit ehrenamtlichen Chefs, die nicht vor Ort waren. Ab dem Moment, wo es E-Mail gab (in melnem Fall seit 1999), arbeitete ich einen Tag pro Woche zuhause. In meiner Identität als Solo-Unternehmerin arbeite ich (abgesehen von Kundenterminen) seit über einem Dutzend Jahren im Homeoffice - incl. einer Phase im Coworking Space. Für SHORT CUTS bin ich 40% meiner Arbeitszeit vor Ort, 60% zu Hause. Und liebe Beides. Das ruhige Büro zuhause und die Quriligkeit samt Bürohunden in den Sarotti-Höfen. 
Ich kenne Menschen, die leben in München und ihr Arbeitgeber sitzt in Nürnberg. Die Kollegen treffen sich dort einmal im Monat, nicht öfter, weil "es ist eh niemand im Büro". Ich kenne Teams, deren Mitarbeiter in ganz Deutschland leben und die sich alle zwei Wochen für zwei Tage im Headquarter in Frankfurt treffen. Funktioniert alles, solange Voraussetzungen und Haltung stimmen. 

Was ist beim Homeoffice zu beachten? 

12 Tipps aus 20 Jahren Homeoffice-Erfahrung

  1. Lieber mal telefonieren/skypen als mailen, vor allem am Anfang und bei kritischen Themen. Manche Sachverhalte lassen sich mündlich auch einfach besser vermitteln.
  2. Arbeitszeiten transparent machen (sowohl die Arbeitszeit der Kollegen im Büro als auch der Mitarbeiter im Homeoffice).
  3. Die Signatur um Kontaktdaten im Homeoffice erweitern oder Anrufe weiterleiten. 
  4. Sichtbar machen, was getan und erreicht wurde.
  5. Gut planen: Was mach ich besser im Büro, was zu Hause? Arbeiten, die vom Austausch profitieren, eher im Büro einplanen.
  6. Einen Tag pro Woche oder zwei Tage alle zwei Wochen im Büro anwesend zu sein, ist nach meiner Erfahrung wichtig und ausreichend zugleich. 
  7. Den Arbeitsplatz zu Hause mit Equipment ausstatten, mit dem sich gut arbeiten lässt. 
  8. Für Ungestörtheit sorgen. Ein besonderes Thema sind dabei Personen - insbesondere aus der Familie - denen nicht so ganz klar ist, dass jemand im Homeoffice richtig arbeitet und nicht gestört werden sollte - außer in Fällen, wo man ihn auch im Büro stören würden. Da helfen klare Absprachen, hartnäckige Klarstellungen und kleine Rituale - oder der vorläufige Rückzug ins Büro. 
  9. Soziale Kontakte pflegen - sowohl im Büro wie im Homeoffice, z.B. in der Mittagspause oder beim Einstieg in den Feierabend. Die Planung der Homeoffice-Tage mit wichtigen Meetings und Team-Events abstimmen. 
  10. Auch in der Kommunikation mit digitalen Tools Wertschätzung und Persönlichkeit zeigen.
  11. Die gesparte Zeit für den Arbeitsweg bzw. zumindest einen Teil davon für Bewegung an der frischen Luft nutzen. 
  12. Die Stunden, die im Homeoffice geleistet werden, genauso genau erfassen wie die Stunden im Büro. (Seit der Böckler-Studie weiß ich, dass das keine Selbstverständlichkeit ist) 

Weitere nützliche Tipps für produktive Stunden im Homeoffice gibt´s hier, noch mehr Tipps und einen Test hier.  

Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen und Mitarbeiter mitbringen? 

Da sind wir schnell wieder beim Thema Werte und Sinn. Werte geben Orientierung und Sinn motiviert. Beides brauchen Mitarbeiter umso mehr, je weniger direkte Kommunikation und kultureller Austausch innerhalb eines Teams stattfindet. Ein erster Schritt dahin kann unser Wertetest sein. 

Ganz entscheidend ist natürlich auch die Haltung aller Beteiligten: Beide Seiten sollten hauptsächlich in der eigenbestimmt-souveränen und relativierend-individualistischen Haltung zuhause sein. 

Die Mitarbeiter, weil sie so über einen ausreichenden Grad an Selbstorganisation und intrinsischer Motivation verfügen. Wer Job und Kinder vereinbart, muss natürlich dafür sorgen, dass er seine Arbeit weitgehend ungestört erledigen kann. 
Das Unternehmen, weil die Führung dann nicht an die Anwesenheit gebunden ist und Vertrauen wichtiger ist als Kontrolle. Denn es braucht Führungskräfte, die davon überzeugt sind, dass das entgegengebrachte Vertrauen zu mehr Eigenverantwortung und Effektivität führt. Führungskräfte, denen klar ist: Die Tatsache, dass ein Mitarbeiter acht Stunden vor Ort sitzt, macht ihn noch nicht zu einem leistungsbereiten, motivierten Mitarbeiter, der diese Haltung dann im Homeoffice komplett verliert. Es braucht also die Überzeugung, dass Mitarbeiter, die sich für das Homeoffice stark machen, eigenverantwortlich damit umgehen und untereinander diese Verantwortlichkeit einfordern. Oder wie es Nora Vanessa Wohlfahrt, Gründerin von Editon F schon 2015 schrieb:

 "Wenn Mitarbeiter gute Gründe haben an bestimmten Tagen im Home Office zu arbeiten, werden sie schon wissen, was sie da machen." 

Wenn es um das Arbeiten von zu Hause aus geht, ist die eigentliche Frage also die: 

„Was wollen wir und was für eine Haltung wollen wir fördern?“

Apropos Haltung: Wichtige Voraussetzung für ein funktionierendes Homeoffice ist, dass es einen vernünftigen Arbeitsplatz gibt. Wer einen höhenverstellbaren Schreibtisch zu schätzen weiß, soilte sich einen solchen auch für´s Homeoffice organisieren. Deswegen arbeite ich selbst z.B. gerne stundenweise mobil oder in einem Coworking Space, für ganze Arbeitstage lobe ich mir aber meinen höhenverstellbaren Schreibtisch. Im Homeoffice wie im Büro. 

Während in Deutschland noch diskutiert wird, ob gesetzliche Regelungen sinnvoll wären, gibt es in den Niederlanden seit 2015 schon ein Gesetz. Spannend finde ich auch, dass Länder, in denen Homeoffice flächendeckend verbreitet ist (Dänemark, Schweden, Finnland und die Niederlande) in Sachen Gleichberechtigung deutlich weiter sind als wir in Deutschland, wie eine Studie der Weltbank feststellte. Apropos Studien: Auch die aktuell vielzitierte Studie der Böckler-Stiftung hält ein Recht auf Homeoffice für sinnvoll. 

Welche neue Möglichkeiten ergeben sich durch Homeoffice? 

Wenn Sie als Führungskraft oder Kollege nur einen einzigen Artikel zu Homeoffice lesen wollen, dann bitte diesen hier von Thomas Dugaro, Leiter IT Collaboration & Project Management bei Gruner + Jahr GmbH: "Warum Home Office und Konsorten ein wichtiger Baustein zu mehr Selbstbestimmung und Wirksamkeit sind, und was ich mir wünsche". 

Unternehmen, die durch das vermehrte Arbeiten ihrer Mitarbeiter im Homeoffice weniger Arbeitsplätze und Räume brauchen, können sich entweder den Umzug in größere Räumlichkeiten sparen oder einen Teil Ihrer Räume für Coworking zur Verfügung stellen und damit frischen Wind in ihr Unternehmen bringen. Sehr spannend finden ich auch die Idee, für Mitarbeiter, die nicht zwingend am Firmensitz arbeiten müssen, Coworking Spaces im ländlichen Raum zu etablieren, als gezielte Regionalentwicklung. 

Auf der individuellen Ebene: Wer im Homeoffice arbeitet, kann sich nicht bei dem Kollegen anstecken, der sich trotz Infektionsrisiko nochmal ins Büro geschleppt hat. Bzw. umgekehrt: Der Kollege, der sich schon krank fühlte, eine wichtige Aufgabe aber noch erledigen wollte, bevor er matt in die Kissen sank, tat dies für seine Kollegen ungefährlich von zu Hause aus - und auch nur das. Auch eine Hitzewelle lässt sich im Homeoffice wunderbar aussitzen, solange es dort kühler ist als im Büro. Wer regelmäßig im Homeoffice arbeitet, den juckt vermutlich auch der nächste BVG-Streik nicht, weil er ausweichen kann (alles für Sie getestet). 
Mehr zu den Vorteilen wie auch zu den Risiken, die man im Blick haben sollte, finden Sie in diesem Artikel "Homeoffice als innovative Maßnahme" und in diesem Interview mit Jutta Rump, Professorin für internationales Personalmanagement. Sie plädiert auch dafür, für Jobs, für die Homeoffice auf den ersten Blick nicht infrage kommt, das Thema etwas kreativer in den Blick zu nehmen. Es dürfte spannend sein, welche Lösungen wir im Laufe der Zeit finden werden oder feststellen, dass sie in anderen Ländern schon funktionieren. 

Homeoffice? Eine Frage der Haltung! 

Homeoffice ist für uns deshalb eine Frage der Haltung. Es fördert die Unternehmenskultur und die Selbstentwicklung jedes Einzelnen. 

Gerne teilen wir unsere Erfahrungen und bringen das Projekt Homeoffice in Ihrem Unternehmen und mit Ihren Mitarbeitern auf einen guten Weg. 
Lassen Sie uns dazu ins Gespräch kommen! 

Haltung entscheidet 

Dazu noch unser Buchtipp: Im Sommer 2019 erschien unser Buch "HALTUNG ENTSCHEIDET - Führung und Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten" im Vahlen Verlag. Es stellt unser Modell der 6 Haltungen anschaulich und mit vielen Beispielen aus der Praxis dar. Es zeigt, wie wir die Entwicklung von Führung und Unternehmenskultur so gestalten können, dass wir auch morgen noch erfolgreich agieren. 

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Wir wünschen eine inspirierende Lektüre und freuen uns über Ihr Feedback! 

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