Die Rolle der Führungskraft verändert sich 

Zukunftsfähige Führungskompetenz muss vielfach noch entwickelt werden und dabei sind alle Rollen, auch die Mitarbeiter*innen gefragt. 

Warum Führung mehr denn je Reflexion und Entwicklung braucht 

Aktuelle Erkenntnisse prägnant auf den Punkt gebracht plus konkrete Impulse für Führungskräfte und Mitarbeiter*innen 

Thomas J. Dettling und Daniel Dettling bringen das in ihrem Gastkommentar in der Neuen Zürcher Zeitung so auf den Punkt: 

"Die meisten Unternehmen müssen sich deutlich mehr anstrengen und sich neu erfinden, oder sie riskieren zu verschwinden."

Die Autoren rechnen in diesem Artikel mit einer Beschleunigung der digitalen Transformation, die die Märkte nachhaltig verändert. "Die eigentlichen Hürden dieser Transformation waren bisher starre Strukturen, Kompetenzlücken und Zurückhaltung auf den Führungsebenen." Ihre Prognose lautet daher: "Resilienz schlägt Effizienz."

Was Unternehmen brauchen, um diese Herausforderung erfolgreich zu meistern: Eine gezielte Entwicklung der Führungskräfte und motivierte und kreative Mitarbeiter*innen. Denn schon vor Corona machte die Gallup-Studie 2019 klar, was Mitarbeitern die Motivation nimmt: 

Jeder tritt zu Beginn zunächst mal motiviert in seinem Unternehmen seine Stelle an – und verliert dann seinen Glauben wegen der Führung, die er im Unternehmensalltag erlebt.

Dieser Effekt hat vor allem zwei Ursachen: 

1. Außenstehenden und zukünftigen Mitarbeitern gegenüber zeigen sich Organisation und Management natürlich von ihrer besten Seite. Manchmal kommt dabei auch eine Zielvorstellung zum Ausdruck, die noch nicht immer der Praxis entspricht, die im Alltag gelebt wird bzw. gelebt werden kann. 

2. In kritischen Situationen fallen Menschen in ihrer Haltung zurück. Je weniger stark sich die reifeste Haltung bisher entwickeln konnte, umso leichter passiert das. 

Zum besseren Verständnis hier unser Modell der sechs Haltungen im Überblick. Es zeigt, in welcher Haltung Führungskräfte führen, wobei in Krisen damit zu rechnen ist, dass sie in ihrer Haltung zurückfallen. 


Das Buch "Haltung entscheidet – Führung und Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten", geht ausführlich auf dieses Modell ein. Ein Poster, dass die Haltungen in unterschiedlichen Lebenssituationen illustriert, können Sie hier gratis bestellen

Corona und die Learnings für die Unternehmensführung 

Die Corona-Krise ist in diesem Zusammenhang ein besonders eklatanter Auslöser für Regression. Unter diesen extremen Bedingungen bleiben die Organisationen am handlungsfähigsten, die eine ausgesprochen reife und ausgereifte Unternehmenskultur entwickelt konnten. Bodo Janssen, CEO der Upstalsboom bringt das im Gespräch mit Haufe so auf den Punkt: 

"In Stresssituationen greifen wir auf frühere Hirnareale zurück, auf das, was wir in der Vergangenheit erlebt haben. In dem Sinn rettet uns unsere Kultur gerade den Arsch.

Das ist weit weg von der Betrachtungsweise von Kultur als "nice to have". Janssen stellt klar, dass das "beherzte zupackende Handeln aller" nicht per Anweisung gelingt. Moderation statt Kontrolle und das Einräumen von Freiräumen statt das Setzen von Restriktionen sind mehr denn je gefragt - und gelingen umso besser, je mehr sie bereits trainiert sind. Eine Vertrauenskultur, die auf die Selbstkompetenz der Mitarbeiter*innen und auf eine inspirierende Führung setzt, macht schnelleres, flexibleres und innovativeres Handeln möglich. Sie entsteht allerdings nicht über Nacht und hat vielerorts durch die Krise stark gelitten. 

Spannende Erkenntnis fördert in diesem Zusammenhang eine im Mai 2020 veröffentlichte empirische Studie zutage. Sie ging der Frage nach, wie sich die Corona-Krise auf die Führungskultur in Unternehmen auswirkt und kommt zu folgendem Schluss: 

"Spitzenführungskräfte ... schätzen sowohl ihre eigene Arbeit als Krisenmanager als auch die Kultur ihres Unternehmens deutlich positiver ein als andere Organisationsmitglieder."

Die Untersuchung konstatiert eine Diskrepanz zwischen Unternehmen in denen sich "eine handfeste Führungskrise" abzeichnet und Unternehmen, in denen "Vorbilder an der Spitze" auch belastete Manager*innen unterstützen und inspirieren können. 

Ebenfalls hochinteressant ist eine Beobachtung von Doppeltspitze

"Während die operativen Einheiten ... pauschal gesprochen tatsächlich gut mit digitalen Strukturen klar kommen, werden ... Führungskräfte, die schon vor der Krise kaum einmal digital in Erscheinung getreten sind, noch weiter abgehängt."

Wer die Erwartungen hegt und nährt, dass alles wieder so wird wie vorher, der habe schon verloren. Weiterhin sehen Julia Collard und Sven Schnitzler auf uns Folgendes zukommen: "Die Kluft zwischen denen, die das Getriebe Wirtschaft aktiv bewegen und denen, die es steuern, droht noch größer zu werden."

Dass sich die Rolle der Führungskraft massiv wandeln wird, war schon vor Corona vielbesprochenes Thema. Der Ernst der Lage macht jetzt unmissverständlich klar: Das ist wirklich ernst gemeint. Wer ernsthaft an gutem Management als Überlebensstrategie interessiert ist, tut gut daran, keine Zeit zu verlieren. Das gilt übrigens nicht nur für Führungskräfte und damit sind wir in diesem Artikel an dem Punkt, an dem wir den Blick auf die Teams und die Organisation insgesamt ausdehnen.

Leadership braucht Self-Leadership oder: Und was ist dabei der Job der Mitarbeiter?

Die Erfahrung der Beschäftigten in den letzten Wochen ist vielfach ungefähr diese: Führungskräfte enttäuschen Erwartungen, treffen schnelle Entscheidungen, in die sie das Team nicht einbeziehen, die Kommunikation zwischen Führungskräften und Team leidet, der Kontakt zur Führung verschlechtert sich etc. Vielerorts ist Vertrauen verloren gegangen, das erst allmählich wieder aufgebaut werden kann. Da ich an dieser Stelle ungern Jens Spahn mit "Wir werden viel verzeihen müssen" zitieren möchte, hier ein Satz von Prof. Dr. Nico Rose, der für Führungskräfte wie für Mitarbeiter*innen gleichermaßen gilt:  

"Seien Sie achtsam gegenüber sich selbst und gütig gegenüber anderen" 

Diese Ziele lassen sich am besten mit eigener Ich-Entwicklung jenseits der persönlichen Komfortzone erreichen. Die gute Nachricht ist: Mit dieser Entwicklung der Persönlichkeit erweitern sich die Handlungsmöglichkeiten. Das macht nicht nur Sinn für die Personen, die in ihrem Job Karriere machen wollen, sondern für alle, die mit unsicheren und komplexen Situationen souveräner umgehen wollen. 

Die Aufforderung "Sei deine eigene Chairperson“ aus der Themenzentrierten Interaktion ist also mehr denn je Aufgabe für alle Rollen in einem Team. Speziell dann, wenn eine offene Kommunikation offiziell erwünscht ist, plädiere ich ausdrücklich dafür, dies weiterhin ernst zu nehmen und sich in diesem Sinne Schritt für Schritt voran zu tasten. Dazu gehört, Informationen zu geben ebenso wie Informationen bei den Führungskräften einzufordern und dort, wo die Ideen noch fehlen, Beobachtungen zu teilen und eigene Bedürfnisse zu formulieren. Das ist sicher nicht die leichteste Übung, wenn wir uns vor Augen führen, dass auch die Manager*innen vermutlich in ihrer Haltung zurückgefallen sind und wir alle (insbesondere die Personen, die Care-Aufgaben wahrnehmen) im Moment starken Belastungen ausgesetzt sind. 

Im Umkehrschluss lautet meine Empfehlung ans Management: Machen Sie sich klar, dass es in dieser Situation noch mehr Mut braucht als sonst, offen und konstruktiv zu kommunizieren. Nehmen Sie als Führungskraft behutsam Kontakt auf und suchen Sie das persönliche Gespräch unter vier Augen. Auch wenn Ihr Gegenüber erstmal noch keine Idee auf den Tisch legt, sondern nur ein Unbehagen oder ein Bedürfnis äußert: Betrachten Sie diese Informationen als wertvoll und nehmen Sie diese ernst. 

Stärkung der Kommunikation als gemeinsame Aufgabe 

Wie zentral die Kommunikation miteinander ist und warum es sich lohnt, diese nach Kräften zu fördern, das unterstreicht LEA-Gründerin Christina Grubendorfer: Sie empfiehlt, den Blick über die Führungskräfte und Manager*innen hinaus auf die Organisation insgesamt und speziell auf die Muster der Kommunikation zu richten. Führungskräfteentwicklung ist für sie zu kurz gesprungen. Was es ihrer Ansicht nach wirklich braucht, ist Führungsentwicklung als Kompetenz der Organisation und damit als Aufgabe für alle. Zum Beispiel, dass Teams sich regelmäßig fragen: Was machen wir hier eigentlich, wie wird wohl unsere Zukunft aussehen, sind wir überlebensfähig? 

Also legen wir los – alle unabhängig von ihrer Rolle – auf dem Weg zu einem neuen Führungsverständnis! 

Dazu passt perfekt diese Podcastfolge mit Andrea Montua – hören Sie gern mal rein! 

 

Haltung entscheidet über Zukunft 

Unser Modell der 6 Haltungen stellen wir ausführlich in unserem neuen Buch HALTUNG ENTSCHEIDEdar. Es bietet anschauliche Einblicke in die Entwicklung von Führung, Team und Organisation. Alle Beispiele stammen aus der Praxis und machen es leicht, das neue Wissen für sich zu integrieren.

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Weil wir immer wieder erleben, wie erhellend und hilfreich unser Modell der sechs Haltungen wirkt, bieten wir Workshops und Ausbildungen zum vertieften Verständnis des Modells und seinen Anwendungsmöglichkeiten an. Mehr dazu ...