Schrift: Als visuelles Element unterschätzt

DesignShorts#2: Schrift prägt den Gesamteindruck einer Marke – mal markant, mal subtil

Immer und überall im Einsatz – analog wie digital. 

Die Wahl der Schrift ist eine der wesentlichsten Entscheidungen.

Die Wahl der Schrift ist daher eine der wesentlichsten Entscheidungen im Designprozess. Die Schrift – der Font – hat durchaus das Potenzial, die Positionierung einer Marke dezidiert zu vermitteln und manchmal kommt es darauf auch an. Nicht nur, dass Schrift immer und überall zum Einsatz kommt: Nicht selten ist sie auch das einzige oder eines von wenigen Designelementen – zum Beispiel auf der Innenseite eines Geschäftsberichts. Auch in Social Media Posts werden Grafiken, die nur aus Schrift auf dem Hintergrund in einer Hausfarbe besteht, gern eingesetzt. 

 

Bei der Auswahl einer Schrift leiten uns daher vielfältige Überlegungen: Welche Wirkung soll sie erzeugen? Seriös? Jugendlich? Technisch? Natürlich? Dynamisch? Außergewöhnlich? Geht es darum, ein Spannungsverhältnis zwischen unterschiedlichen Merkmalen einer Marke zu transportieren, das zugleich harmonisch wirkt? Dazu kommt, dass die gewählte Schrift in allen denkbaren Größen gut lesbar sein sollte, denn sie kommt in fast jeder Anwendung vor – analog und digital. 

Die Schrift kann ein Alleinstellungsmerkmal darstellen. Wird eine Schrift jedoch schon oft verwendet oder ist stark durch andere Marke besetzt, birgt dies zweierlei Gefahren: Entweder wirkt die eigene Marke dann zu beliebig oder die Schrift führt auf eine falsche Fährte, weil sie schon sehr mit einer bestimmten Branche oder einem bekannten Produkt verbunden wird. Insbesondere Schriften, die schon viele Jahre in Gebrauch sind und Schriften, die kostenlos erhältlich sind, bergen diese Risiken. Kaufschriften haben demgegenüber den Vorteil, individueller und exklusiver zu wirken. 

Neben der Formsprache an sich, stellen wir uns daher auch die Frage, ob bzw. wie oft sie bereits von anderen Marken genutzt wird. Wird sie generell viel benutzt und kann dadurch wenig Originalität vermitteln? Wieviele und welche Mitbewerber:innen verwenden sie? Wird sie vielleicht häufiger in anderen Branchen verwendet und dadurch mit anderen Themen assoziiert? 

Die Kombination unterschiedlicher Schriften ist auch immer eine denkbare Option: Durch das Zusammenspiel kann eine besondere visuelle Spannung erzeugt werden, die die Mischung der jeweiligen schriftenspezifischen Eigenschaften mit sich bringt. So können auch viel benutzte Schriften "anders" wirken und aufgewertet werden.

Technisch & menschlich: Schrift für nachhaltigen Versicherer. 

Für die Verka mit ihrem besonderen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit haben wir einen Font gewählt, der eine umfassende Schriftfamilie und damit vielfältige Einsatzmöglichkeiten bietet und dabei einen einheitlichen Gesamteindruck vermittelt. Von sehr feinen bis zu sehr fetten Schriftschnitten und normal breiten bis sehr schmalen Schriftbreiten bietet dieser Font ein großes Spektrum. Das macht die Schrift innerhalb des gestalterischen Gesamtkonzepts hochanpassungsfähig an die jeweilige Anwendung: Vom plakativem Einsatz in der Anzeige bis Tabellensatz im Nachhaltigkeitsbericht bleibt der Gesamteindruck kongruent. Der gewählte Font schafft zudem den Spagat, gleichzeitig technisch-seriös und menschlich-freundlich zu wirken.

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Traditionelle Qualität sorgt zuverlässig für Genuß.

Boettger Food Ingredients ist ein Traditionsunternehmen aus Berlin mit nahezu 120jähriger Geschichte. Unser Anspruch an die Schrift war, sowohl die sinnlich-genussvollen als auch die standardisiert-technischen Merkmale der Marke und ihrer Produkte zum Ausdruck zu bringen. Für den Lieferanten und Verarbeiter hochwertigster Zutaten für die Lebensmittelindustrie kombinierten wir daher eine elegante Serifenschrift mit hohen Strichstärkenkontrasten mit einer geometrischen serifenlosen Schrift, die sehr geringe Strichstärkenunterschiede aufweist. Kleines Bonmot: Der serifenlose Font basiert auf der Formsprache der Schrift, die für die Berliner Straßenschilder verwendet wird. 

Werbung, die begeistert 

Die Werbetechniker mit Liebe zur Produktvielfalt und kreativer Umsetzung machen Werbung, die begeistert. Furore eben. Dementsprechend suchten wir nach einer außergewöhnlichen Schrift, die die Mission von Furore widerspiegelt: "Mit Leidenschaft Qualität schaffen". 

Während die meisten Unternehmen heute Schrifttypen verwenden, die mit dem Bleisatz aufkamen und kontinuierlich weiterentwickelt wurden bzw. werden, wählten wir für Furore eine energiegeladene Pinselschrift, die an Handschriften erinnert, wie sie früher im Reklamekontext gang und gäbe waren.

Heutzutage stellt dies eine Besonderheit dar, die auffällt und durch den Trend zum Handlettering sehr zeitgemäß wirkt. Die kraftvolle Pinselschrift für emotionale Überschriften kombinierten wir mit einer "scharfkantigen" technisch-präzise wirkenden serifenlosen Schrift für Mengentexte. Diese sehr authentisch auf das Unternehmen abgestimmte Typografie im Zusammenhang mit dem Einsatz von großflächigen Farben und Formen erzeugen energiegeladene, aufmerksamkeitsstarke Layouts.  

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Aufbruch in historischem und hochmodernem Ambiente 

Aufbruch und Moderne atmete die Berliner Siemensstadt in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts . Seit 2020 sind die historischen Gebäude wieder ein Ort für Fortschritt und Entwicklung - frisch saniert und hochwertig ausgestattet. Alt trifft Neu, Tradition trifft Moderne. Die Baujahre des Campus stehen für eigene stilistische Zeitalter: 1924 – 1941 und 2020 – 2022. 

Das hat uns dazu inspiriert, im Rahmen des gestalterischen Gesamtkonzepts Schriften zu wählen, die zu diesen Epochen passen: Für das Jahr 1924 wählten wir Name Sans, eine moderne Interpretation der Fliesenmosaik-Tafeln der New Yorker U-Bahn. Die Architekten und Handwerker, die diese Fliesen verlegten, verwendeten eine Buchstabenkonstruktion, die teils geometrisch und teils grotesk war. Das industrielle, cleane Schriftbild punktet mit charakterstarken Details und klassischem Look. Das Jahr 2020 repräsentiert Rokkitt. Das Vorbild für diesen Font hat Egyptienne-Schriften von vor 100 Jahren zum Vorbild und schlägt den Bogen zum Trend der menschlicheren, weicheren Serifenschriften des 21. Jahrhunderts.

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In den DesignShorts stellen wir die unterschiedlichen Designelemente vor, die im Rahmen eines Corporate Design Prozesses entwickelt werden. Wir erläutern, worauf es bei Gestaltung und Einsatz der einzelnen Elemente ankommt – unserem Namen entsprechend natürlich kurz und knackig. 

Die Beispiele, die wir zeigen, stammen aus unserem Portfolio. Wir gehen dabei auf grundsätzlich interessante Dinge und spezielle Aspekte der vorgestellten Projekte ein. Damit wollen wir einen Einblick in die Materie geben und transparent machen, welche Überlegungen uns in unserer Arbeit leiten – ohne den Anspruch, das jeweilige Thema allumfassend darzustellen. 

Wir stellen die einzelnen Elemente des Design in der Reihenfolge vor, in der der Gestaltungsprozess ablaufen könnte. Im echten Leben findet dieser Prozess oft nicht linear, sondern iterativ statt und wir entwickeln Logo, Schrift, Farbe, Icons etc. meist parallel oder ineinander übergehend. Wenn wir Euch mit unserer Begeisterung für gutes Design anstecken können, freuen wir uns – und über Fragen und Feedback natürlich sowieso.

PS: In Folge 1 der DesignShorts geht es um die Logoentwicklung.