Auf der Suche nach gutem Text

Einen Text übers Texten zu schreiben? Ja, da habe ich Lust zu. Das ist bestimmt auch schnell gemacht. Ich kenne mich ja aus.

Gut. Wo fange ich an? Bei den Textarten? Der richtigen Tonalität? Erzähle ich von schmissigen Headlines, die, sozusagen mit den Armen fuchtelnd, die Aufmerksamkeit der Leser:innen auf sich ziehen und neugierig auf den Inhalt machen? Nee. Das wäre zu dick aufgetragen.

Vielleicht starte ich etwas gesetzter. Systematischer. Ganz vorne. Am Anfang war schließlich das Wort. Guter Einfall, aber er weckt andere Assoziationen. So komme ich vom Weg ab. Ich verwerfe ihn. Eine Definition. Das ist es. Definitionen sind immer gut. Was sagt das Netz? Das Online-Lexikon erklärt mir, dass „texten das Verfassen kurzer Gebrauchstexte“ bezeichnet. Wie? Kurze Gebrauchstexte?! Das kratzt an meiner Berufsehre.

Text kann weit mehr als nur ein Gebrauchsgegenstand sein.

Er sollte sogar mehr können. Ich suche weiter. Und auch das, was ich im Netz unter „Text“ finde, befriedigt mich nur mäßig, denn da lese ich, dass es sich um eine „Folge untereinander in Zusammenhang stehender Sätze“ handelt. Ich erfahre aber auch, dass das Wort dem Lateinischen entliehen ist und so viel wie Gewebe oder Geflecht bedeutet. Das trifft es schon besser. Mir gefällt die Idee, dass ich mit Gedanken und Worten ein ganz bestimmtes Bild webe. Aber in dem Ganzen fehlt noch das Gefühl. Was nützt das schönste Bild, wenn beim Betrachten keine Emotionen entstehen.

Bevor ich schreibe, muss ich mich verbinden.

Mit Menschen. Mit Themen. Mit Fragestellungen. Soll der Text gut werden, will ich mich – wenn auch nur temporär – verlieben. Ich will Ungeduld spüren, diese ganz besondere Energie, die mich nach vorne treibt. Aber auch die Zerbrechlichkeit der noch zarten Liebe, denn sie macht mich vorsichtig, aufmerksam und wach für Zwischentöne. Und ja, das funktioniert. Immer. Anders geht es nicht. Manchmal braucht es vielleicht etwas Zeit, aber mein Herz kann auch für die vermeintlich trockensten Themen schlagen.

Immer dann, wenn wir gemeinsam mit unseren Kunden bei einem Workshop den Prozess der Werteentwicklung durchlaufen, bin ich besonders schnell verbunden - dann habe ich ein emotionales Koordinatensystem und kenne die Richtung.
Wenn ich über die Dienstleistungen eines Sanitär-Fachbetriebes schreibe, schreibe ich auch über die Menschen, die dort arbeiten. Über Ihr Warum und das, was sie antreibt. Wir sehen Gesichter, hören Geschichten und spüren den Stolz auf die eigene Arbeit. Wir erfahren etwas über glückliche Kunden und gerettete Welten mit einer noch am Heiligen Abend reparierten Heizungsanlage. Das alles muss nicht immer explizit benannt werden – aber es muss IMMER spürbar sein.

"Du schaffst es immer wieder, auf den Punkt zu bringen, was wir nur fühlen - wofür wir aber keine Worte haben".

Das ist vielleicht das schönste Feedback, dass ich bisher bekommen habe. Ja, das geht auch in einem Newsletter zu Lüftungstechnik. Denn auch in der B2B-Kommunikation sprechen Menschen mit Menschen. 

Es ist oft nicht leicht, die richtigen Worte oder die Erzählweise zu finden, die dem Thema und den Menschen dahinter gerecht werden.

Täglich gerate ich dabei in Sandstürme von Worten und Gedanken. Manchmal kann ich die Hand vor Augen nicht sehen. Ich stecke fest und suche einen Weg. Aber immer wieder kämpfe ich mich durch. Dann sehe ich, wie sich ein kleiner Lichtstrahl zu einem klaren Horizont weitet. Dann habe ich wieder das Ziel im Blick und meine Finger fliegen ihm über die Tastatur entgegen. Habe ich es dann mit rauchendem Schädel erreicht, bin ich glücklich. Dann liebe ich meinen Job und spüre große Freude darüber, dass ich gerade keinen Gebrauchstext geschrieben habe.

Denn hinter dem, was mich antreibt, steht vor allem eines: Der Mensch. Und den sollst du, liebe Leserin und lieber Leser mit jedem Wort spüren. Der Text soll eine kleine Reise sein, ein Ausflug in eine Gegend, in der du noch nie warst. Vielleicht lässt du dich sogar auf eine neue Perspektive ein und du kannst wachsen. Vielleicht möchtest du noch viel mehr erfahren. Vielleicht fühlst du dich sogar ein kleines bisschen enger mit der Welt verbunden.

Und das wäre es, was mich wirklich glücklich machen würde – wenn mein Text die Kraft hat, Menschen sichtbar zu machen, gegenseitiges Verständnis zu wecken und uns enger zusammenrücken zu lassen.