Arbeit in Zukunft: Chaos aus Home Office & Co oder alte Ordnung im Büro?

3 Tipps für kreative Selbstorganisation in Zeiten von mobile work

Gastbeitrag von Gisa Göldner

„Arbeiten Sie doch, von wo Sie wollen“…ein Appell, der Unternehmer:innen, Chef:innen, Teamleiter:innen den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Nicht nur, dass Home Office sich als neue Herausforderung seit 2 Jahren permanent in den Arbeitsalltag vieler deutscher Angestellte einnistet, jetzt soll es auch noch möglich oder sogar notwendig sein, von überall und unterwegs zu arbeiten? Eine verrückte Idee? Ein Hype, der vorüber geht, wenn wir, der gute, alte Mittelstand, lange genug warten?

Das New Normal, welches die Arbeitsmodelle für Unternehmen und Berufstätige flexibler gestalten lässt. Bürogebäude werden abgeschafft, Mietverträge gekündigt, Betriebskosten eingespart. Die Mitarbeitenden können ihren Alltag flexibler organisieren und sparen wertvolle Lebenszeit, die sie zuvor auf dem Weg zur Arbeit verbracht haben.

Dennoch: Die stille Hoffnung zu Pre-Corona zurückzukehren nährt sich und findet Boden. Besonders dann, wenn es nicht funktioniert - das mobile Arbeiten. Dann, wenn diejenigen, die es ausprobieren, scheitern. 

Mit hoch erhobenem Finger wird auf sie gezeigt und mahnend gesprochen „das war ja klar, das konnte nicht funktionieren“. Reumütig und mit hängenden Schultern kehren sie zurück ins Büro, wie vor Corona 9 to 5, an 5 Tagen der Woche. Auf dem Weg zur Arbeit stehen sie im Stau, sind schlecht gelaunt und unmotiviert, die Büromöbel von anno dazumal, das Ambiente angestaubt, eine trübe Stimmung liegt in der Luft. Sie sind mit ihren New Work Ambitionen, flexiblere Arbeitsmodelle zu gestalten, gescheitert. 

Wir scheitern nicht gerne und geben Fehler nur ungern zu.

In Unternehmen wird oftmals zuerst die Schuldfrage diskutiert, bevor die Analyse der Ursachen und Lösungen besprochen wird. Im Home Office oder mobil von unterwegs zu arbeiten war zu den Hochphasen von Corona ein Ausnahmezustand, der kurzfristig umgesetzt werden musste, damit Arbeiten überhaupt noch möglich war. Aus dem Ausnahmezustand ist Normalzustand geworden.

Studien belegen, dass Berufstätige im Home Office oder dort, wo sie sich am wohlsten fühlen, am produktivsten sind.

Wie wohl sie sich fühlen, ist abhängig von der persönlichen Lebenssituation, dem Anfahrtsweg zum Büro und dem Persönlichkeitstyp. Es ist daher wichtig und empfehlenswert, die Regelung, wann im Home Office gearbeitet werden darf, auf Teamebene zu treffen – und am besten gemeinsam im Team. Je stärker Ihre Mitarbeitenden in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden, desto mehr identifizieren sie sich mit Ihrem Team und sind bereit die Extrameile für Sie und Ihren Verantwortungsbereich zu gehen.

 

Wie das New Normal gelingt

Dort, wo das New Normal in Form von Unmengen an Online-Meetings bei allen eingekehrt ist, stellen wir fest, dass die work life balance gefährdet ist. Mitarbeitende fühlen sich gestresst und unter Druck.

Die schwindenden Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit stellen Berufstätige vor neue Herausforderungen.

Das sogenannte work life blending, indem es keine geregelten Arbeitszeiten oder Zeiten der Erreichbarkeit gibt, erhöht das Stresslevel um ein Vielfaches. Umfragen bestätigen, dass Mitarbeitende die neue Flexibilität für gut befinden, ihren Alltag im Home Office zu organisieren. Doch es zeigt sich auch, dass viele Schwierigkeiten damit haben, ihren Arbeitsalltag zu strukturieren und sich im Home Office so zu organisieren, dass sie es schaffen abzuschalten.

Die “always on” Mentalität sorgt für erhöhten Stress.

Die Verlockung abends auf dem Smartphone die E-Mails für die Firma abzurufen, ist groß. Das Gefühl immer erreichbar sein zu müssen und ihren Vorgesetzten noch spät abends auf E-Mails zu antworten, potenziert die Stress-Spirale. Vielerorts wurden Telefongespräche und vor Ort Meetings durch Online Meetings 1:1 ersetzt. Das hat die Zahl der virtuellen Meetings in die Höhe schnellen und die Zeitplanung im Outlook-Kalender explodieren lassen. Die Tage sind stärker getaktet, mit weniger oder gar keine Pausen, was unweigerlich zu einer stärkeren Erschöpfungserscheinung führt.

Foto von Gerd Altmann auf Pixabay https://pixabay.com/de/photos/post-it-notizen-laptop-erinnerungen-3233653/
Foto von Gerd Altmann auf Pixabay

Aus Unternehmenssicht ist die logische Konsequenz, dass ihre Mitarbeitenden wieder ins Büro kommen müssen.  Auf Corporate oder Geschäftsführer-Ebene wird entschieden, wie viele Tage die Teams ins Büro kommen sollen. Von 1 bis 5 Tage pro Woche ist alles dabei.

Mir ist diese Herangehensweise zu eindimensional, zu sehr schwarz und weiß. Ich halte es für empfehlenswert die Entscheidung wer wie viele Tage im Büro sein sollte und ob überhaupt, auf Team Ebene zu treffen.

Das Gießkannen-Prinzip „zurück ins Büro für alle“ ist hier wenig hilfreich und erreicht bei den Mitarbeitenden Unverständnis und Demotivation.

Stattdessen profitieren Sie von ihrer Partizipation und gewinnen loyale und engagierte Teams.

Die Digitalisierung, ob vor oder nach Corona, ist ein anhaltender Prozess. Es ist eine Frage der Haltung, ob Sie als Unternehmer:in hinterherlaufen und die guten alten Zeiten zurück wünschen oder die digitale Zukunft mit gestalten wollen.

„Arbeiten Sie doch, von wo sie wollen“ ist Provokation oder natürlicher Bestandteil des neuen Arbeitens. Wie entscheiden Sie sich? Wollen Sie gestalten oder hinterherlaufen?

Ich arbeite inzwischen seit vielen Jahren remote, ob als ehemalige Sales Managerin oder als Unternehmerin. Anfangs war es eine Herausforderung, mich selbst zu organisieren und die richtige Balance von Arbeit und Freizeit zu finden.

Als Resümee aus meiner Expertise in Unternehmen und denen zahlreicher Teilnehmenden meiner Seminare und Workshops, habe ich hier 3 Tipps für strukturiertes und kreatives Arbeiten für Sie - egal wo Sie sind:

1) Wieviel Struktur braucht mobiles Arbeiten?

Wir Menschen sind sehr unterschiedlich, ob Führungskraft oder Teammitglied. Unsere Leistungsfähigkeit und unser Leistungswille hängen von vielen Faktoren ab. Sind Sie Frühaufsteher und springen mit beiden Beinen sofort aus dem Bett, sobald der Wecker klingelt, oder drücken Sie zigmal die Schlummer-Taste bis Sie aufstehen? Sind Sie eher ein Nachtmensch und werden nachmittags und in den Abendstunden produktiv? 

Je besser Sie sich selbst kennen und einschätzen können, desto leichter fällt es Ihnen Ihren Tag danach zu planen.

Weniger ist mehr. Sie schaffen effektiv mehr, wenn Sie sich pro Tag weniger vornehmen. Der Vorteil ist, dass Sie flexibel für Unvorhergesehenes bleiben und Ihre Arbeits- und privaten Aufgaben erledigen. Basierend auf der eigenen Leistungsfähigkeit und Persönlichkeit, lade ich Sie als Führungskraft dazu ein, Folgendes auszuprobieren:

Tipp: Ermuntern Sie Ihr Team Zeitfenster für besonders wichtige Aufgaben im Kalender blocken und sich Zeiten für Aufgaben mit der höchsten Priorität zu reservieren, in denen ihre Energie am höchsten ist. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden dabei herauszufinden, wann Sie sich besonders fit und konzentriert fühlen und ihnen ihre Arbeit leicht von der Hand geht.

2) Leichtigkeit durch Disziplin und Durchhaltevermögen

Sich Zeitfenster im Kalender blocken und inhaltlich strukturieren ist das eine. Diese einzuhalten, ist das andere. Um sich an die selbst entwickelten Routinen zu halten, gehört eine gute Portion Disziplin dazu.

Als Führungskraft haben Sie die Verantwortung für Ihr Team, die sich bewusst und unbewusst an Ihnen orientieren. Machen Sie es vor und reduzieren Sie Ablenkungen auf ein Minimum. Besprechen Sie die Änderungen im Team und vereinbaren entsprechende Regeln. Erläutern Sie wie folgt, dass diese einfachen Methoden ihreKonzentration und Durchhaltevermögen stärken:

Tipp: Schalten Sie Handy- oder E-Mail-Benachrichtigungen ab. Jede App und jedes Programm, welches Sie durch eintreffende Mitteilungen Ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht, bietet die Möglichkeit diese visuellen oder auditiven Hinweise abzuschalten.

Besonders beim Arbeiten am heimischen Laptop, ist es wichtig Pausen-Zeiten einzuplanen. Stichwort: Balance. Was nützt es Ihnen, wenn Ihr Team erschöpft und genervt ist?

Spitzensportler:innen erreichen ihre Ziele nur, wenn sie ihre Regenerations-Zeiten planen und einhalten. Ein Übertraining hat zur Folge, dass sie in den Wettkämpfen ausgelaugt und müde sind und ihre Leistung nicht mehr abrufen können. Die Folge: ihr Akku ist leer. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeitenden Ihre Pausen-Zeiten und Frei-Zeiten einhalten - für eine ausgewogenere work life balance.

3) Selbstreflexion als Effizienz-Booster

Bestimmt kennen Sie das: es gibt Tage an denen geht Ihnen das, was Sie sich vorgenommen haben, nicht so leicht von der Hand – sogar als Führungskraft ;-). Sie benötigen mehr Zeit und Energie, um ein einigermaßen akzeptables Ergebnis zu erzielen. Im Zweifel revidieren Sie Ihr Ergebnis am nächsten Tag und fangen von vorne an.

Das ist ineffizient. Sie benötigen für einen schlechteren Output ein Vielfaches an Zeit und sind am Ende mit Ihrem Ergebnis unzufrieden. Ihrem Team geht es genauso.

Tipp: Transparent kommunizieren, Erfahrungen teilen. Sprechen Sie über Ihre Erfahrungen und laden Sie Ihre Mitarbeitenden dazu ein, Ihre gesetzten Ziele verschieben zu dürfen, um motivierter und effizienter zu arbeiten. Je starrer Arbeitsstrukturen sind, desto fragiler und ineffizienter ist das System.

Ermutigen Sie dazu, ein neues Thema zu beginnen oder den Ort zu wechseln, sich eine Pause zu gönnen, eine Runde an die frische Luft gehen. Dies bewirkt Wunder und beschleunigt die kreativen Denkprozesse Ihres Teams.

So steigern Sie die Produktivität und Zufriedenheit Ihrer Mitarbeitenden und Sie erreichen mit weniger Aufwand Ihre Teamziele.