Der Büroalltag der Zukunft

Turnschuhe und Trainingsjacke statt Anzug und Krawatte? „Twelve to eight“ statt „nine to five“?

Demokratische Führungskultur statt strenger Hierarchie? So könnte der Büroalltag der Zukunft aussehen.

Globalisierung und Digitalisierung prägen unsere moderne Welt maßgeblich – und zwar nicht nur unsere Kommunikationsgewohnheiten, das gesellschaftliche Zusammenleben oder die politische Agenda, sondern auch die Arbeitswelt. Heute heißt es: Demokratie statt Hierarchie und Vernetzung statt Alleingänge. Vor allem deutsche Unternehmen, die klassisch – also streng hierarchisch – organisiert sind, würden den neuen Anforderungen nicht mehr gerecht, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Denn Globalisierung und Digitalisierung bedrohen die klassischen Wettbewerbsvorteile wie Qualität, Zuverlässigkeit und Effizienz durch Flexibilität, Innovation und Individualität.

Es sind aber nicht nur äußere Gegebenheiten, die diese Entwicklung befördern, sondern die (jungen) Mitarbeiter selber. Die Generation Y, wie die heute 25- bis 35-Jährigen bezeichnet werden, will nicht die große Karriere oder das große Geld, sondern strebt nach Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung und einer ausgeglichenen Work-Life-Balance.

Von der Arbeitswelt sind also neue Ansätze gefordert. Solche liefert beispielsweise Christian Kuhna. Er leitet bei Adidas den „HR Talent Think Tank for Future Trends and Innovation“ und analysiert globale Trends, um sie für die Organisation von Unternehmen nutzbar zu machen. Neben der Globalisierung oder der digitalen Transformation ist das beispielsweise auch die demografische Entwicklung. Seine Bestandsaufnahme der Welt macht er anhand des VUCA-Modells. VUCA steht für volatility, uncertainty, complexity und ambiguity und beschreibt die vier Rahmenbedingungen, unter denen Unternehmen organisiert und Mitarbeiter heute geführt werden müssen.

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Credit: www.iamthelab.com

Konkret könnte der Büroalltag der Zukunft folgendermaßen aussehen:

Anstatt fester Bürozeiten von 9 bis 17 Uhr legt jeder Mitarbeiter seine Arbeitszeit selber fest – immer unter der Berücksichtigung der Termine, die anstehen, und/oder der Projekte, in denen jemand mitarbeitet. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass einige Menschen morgens am produktivsten sind, andere nachmittags. Dasselbe gilt für den Arbeitsort. Es gibt also keine festen Arbeitsplätze mehr. Jeder Mitarbeiter entscheidet selbst, wann er wo und wie bzw. mit wem arbeitet. Dafür bieten die Unternehmen ein vielfältiges Raumangebot, in dem sich jeder seinen Platz sucht – vielleicht auch mal draußen im Park. Neben Flexibilität und Freiheit fördert dies die Begegnung mit- und den Austausch untereinander und schafft Raum für neue Ideen. Die Unternehmensführung ist nicht hierarchisch, sondern demokratisch. Gearbeitet wird in Teams, die bei jedem Projekt neu zusammengesetzt werden, was wiederum die Kreativität und den Ideenaustausch befördert und letztlich die Produktivität erhöht. Neu ist dabei auch das Konzept des sogenannten Knowledge-Workers. Diesem modernen Nomaden ist die berufliche Unabhängigkeit wichtig. Er arbeitet in der Regel für einzelne Projekte in einem Unternehmen mit, bringt gezielt sein Wissen ein, eignet sich neues an und zieht dann weiter. Im Extremfall könnten diese neuen Arbeitsformen sogar bedeuten, dass die Mitarbeiter ihre neuen Kollegen selber rekrutieren, ihren Chef selber wählen, ihr Gehalt selber bestimmen – so geschehen bei der IT-Firma Haufe/Umantis.

Solche Arbeitsformen bergen großes Potenzial, weil selbstbestimmte Mitarbeiter motivierter sind und mehr leisten, was wiederum wesentlich zur Steigerung der Produktivität beiträgt. Sie bedingen allerdings zweierlei: Die ehrliche Bereitschaft sich darauf einzulassen – von den Vorgesetzten wie von den Mitarbeitern – sowie echtes Engagement. Nur wenn Vorgesetzte loslassen können, Verantwortung und Macht abgeben, dem Prestige (und einem Teil ihres Gehalts) entsagen, und nur wenn Mitarbeiter sich einbringen und ihrerseits Verantwortung übernehmen – was vielleicht bedeutet, dass sie den eben engagierten Mitarbeiter selber wieder entlassen müssen –, sind diese neuen Arbeitsformen für alle ein Gewinn.